Letzten Montag, den 26. Februar 2018, kamen etwa 300 Rechte auf dem Hamburger Gänsemarkt zusammen. Und wieder wurde deutlich, wo die Veranstaltung politisch zu verorten ist: Dominant war eine größere, teils vermummte Hooligangruppe um den Neonazi Martin Fitsch, die auch diesmal massiv die Pressearbeit vor Ort behinderten, indem sie in Kameras griffen und Bedrohungsszenarien aufbauten. Ein interessantes Szenario um diese aggressive Gruppe ergab sich zudem auf der Abreise. Neonazi Martin Fitsch klatschte auf der Treppe zur U-Bahn mit einem bekannten Hamburger SKB (Szenekundiger Beamter für Problemfans im Bereich Sport) per Handschlag ab. Nur wenige Augenblicke später greifen Fitsch und seine Gruppe im U-Bahn Tunnel die eigenen Mitdemonstrierenden an, weil sie fälschlicherweise dachten diese seien von der Antifa.
Zeitgleich zum Geschehen vor Ort bedienten wieder die rechten YouTuber Oliver Flesch und Johannes Thiesen den rassistische Mob zu Hause. Mit der Korrespondentin Marie-Thérèse Kaiser vor Ort wurden Interviewpartner von der Kundgebung live zugeschaltet. Und es passiert das Unvermeidbare: Der erste „Vorzeigebürger“ und gleichzeitig Ordner der Veranstaltung, spricht im Livestream und demaskiert für alle ersichtlich das bürgerliche-Getue der Veranstaltung: „Wir bräuchten eine andere Partei, eine deutsche Partei, die deutsche Interessen vertritt. Ich will nicht länger in irgendwelche Stolpersteine fallen, weil es gibt in keinem Land der Welt Stolpersteine.“ Und betont sein dringendes Anliegen, „dass wir endlich wieder frei über unsere Geschichte reden können […] und dann wird man ganz schnell auch rausfinden, dass Vieles, viele viele Sachen erstunken und erlogen sind“.
Wochenlang versuchte sich die erste Anmelderin Uta Ogilvie mit einer gespielten Naivität und Aussagen wie „Ich hab keine Nazis oder Menschen in Springerstiefeln und Glatze gesehen“ rauszureden und vermied so eine Distanzierung zur extremen Rechten. Dass allerdings Geschichtsrevisionismus, Antisemitimus, Sexismus, Rassismus und Faschismus schon längst nicht mehr in Springerstiefeln auftreten, sondern sich oft ein bügerliches Antlitz geben und auch diese rechten Ideologiefragmente in der sogenannten bürgerlichen Mitte verbreitet sind, zeigte diese Live-Interview par excellence.
Am Montag warnte nun auch der Hamburger Verfassungsschutz öffentlich und gab bekannt, dass bei der «Merkel muss weg» Veranstaltung auch Neonazis involviert sind. Woraufhin der innenpolitische Sprecher der AfD Fraktion in Hamburg Dirk Nockemann sich veranlasst sah Partei zu ergreifen und von einer Kriminalisierung der Proteste schwadronierte. Auch diese Woche nahmen AfD-Mitglieder an der Veranstaltung teil. Eine Delegation reiste aus Mecklenburg-Vorpommern nach Hamburg. Wie zum Beispiel die AfD-Stadtvertreterin Petra Federau aus Schwerin, die für ihren Social-Media-Auftritt fleißig vor Transparenten posierte. Letzte Woche noch besuchte Holger Arppe aus Rostock die Hansestadt. Ein AfD-Politiker, der wegen brutalsten Vergewaltigungsfantasien mit Kindern in die Schlagzeilen geriet, dennoch nicht den Ausschluss aus der AfD fürchten muss.
Auch bekannte Neonazis waren wieder vertreten, wie Kameradschaftsführer Sven Reichert von der «Sektion Nordland». Mit Sven Mazurek war wieder mindestens ein bekannter NPD Anhänger vor Ort. Mazurek gehört zum harten Kern der NPD und ist seit Jahrzehnten auf Parteiveranstaltungen anzutreffen. Ebenfalls am Montag vertreten waren der bekennende Faschist Claus Döring und Mitglieder der «Identitären Bewegung» um Jan Krüger aus Lüneburg. Diese stimmten mittlerweile schon routiniert auf der Rückreise ihre Parolen wie „Heimat, Freiheit, Tradition – Multikulti Endstation“ oder „Ob Ost, ob West, nieder mit der roten Pest“ an, um zumindest einen lautstarken Abgang hinzulegen.