Am vergangen Montag, den 19. Februar 2018, versammelten sich am Gänsemarkt rund 200 Rechte unter dem Motto «Merkel muss weg». Dies war bereits die dritte Veranstaltung unter diesem Label. Nachdem die Organisatorin der ersten beiden Kundgebungen, Uta Ogilvie, als Anmelderin zurückgetreten ist, wurde in sozialen Medien Jennifer Nathalie Gehse, Geschäftsführerin einer Modelagentur, als Nachfolgerin benannt. Gehse nahm bereits an den vohergehenden Kundgebungen teil. Sie trat allerdings kurze Zeit vor Beginn der Veranstaltung am Montag auch zurück und Myriam Flaig übernahm. Die Organisation der Kundgebung wird nicht zufällig von Frauen nach außen repräsentiert, dies hat eindeutig strategische Gründe. Vor Ort wurde deutlich, dass die tatsächlichen organisatorischen Aufgaben von Thomas „Togger“ Gardlo und einer Hand voll seiner Bekannten aus der Türsteherszene übernommen werden.
Die rechte Filterblase in sozialen Medien wird parallel bedient vom neurechten YouTuber Johannes Thiesen und dem nach Mallorca emigrierten antifeministischen, rechten Autor Oliver Flesch, welche kontinuierlich pseudointellektuelle Analysen und Livestreams zum Geschehen in Hamburg anbieten. Vor Ort diente unter anderen das AfD Mitglied Marie-Thérèse Kaiser als Korrespondentin. Kaiser besuchte auch die ersten Kundgebungen in Hamburg, sowie den extrem rechten «Frauenmarsch» in Berlin am 17. Februar 2018, wo sie am Fronttransparent vor Mitgliedern der «Identitären Bewegung» (IB) die Demonstration anführte. Am Montag in Hamburg waren die IB-Mitglieder Jan Krüger und Maik Heidorn anwesend. Bereits letzte Woche reisten die zwei aus Lüneburg zu der Veranstaltung.
Während das Organisations-Team der Kundgebung mit der kurzweiligen Umbenennung der Veranstaltung von «Merkel muss weg» zu «Bürgerliche Mitte fordert» weiterhin versucht, sich als bürgerlich und nicht anknüpfungsfähig für die extreme Rechte darzustellen, folgen dem Aufruf hauptsächlich Protagonisten der verschiedenen Strömungen ebendieser extremen Rechten. Von dem wegen rassistischer Hetzreden aus der AfD ausgeschlossenen Ludwig Flocken, sowie AfD-Direktkandidat Daniel Buhl aus Schleswig-Holstein, über Träger der neonazistischen Bekleidungsmarke «Thor Steinar» bis hin zu bekannten Neonazis wie Daniel Herbst oder Martin Fitsch, welche mit einer größeren Gruppe von Neonazis anwesend waren, die zum Teil vermummt und mit Protektorenhandschuhen die körperliche Auseinandersetzung suchten. Daniel Herbst ist seit Jahrzehnten in der Neonaziszene aktiv. Immer wieder nimmt er an Veranstaltungen der NPD und Aufmärschen teil, wie zum Beispiel am 2. Juni 2012 zum «Tag der deutschen Zukunft» (TddZ) in Hamburg-Wandsbek. Fitsch ist bekannt durch seine Aktivitäten bei der neonazistischen Gruppierung «Gemeinam stark Deutschland» . Beim «Tag der deutschen Patrioten» am 12. September 2015 nahm er mit zahlreichen weiteren Neonazis in Kirchweyhe an einer Spontandemonstration teil.
Das Rezept der Hamburger «Merkel muss weg»-Kundgebungen, die sich vehement von Pegida distanziert, aber auf die gleiche Klientel abzielt, erscheint durchsichtig: An forderster Front werden Frauen, die zuvor nicht in politischen Kontexten wahrgenommen wurden, als Anmelderin eingesetzt. Die strategische Planung, sowie die Sicherheit bei den Veranstaltungen wird von einem gewaltaffinen Kern um Thomas Gardlo übernommen. Die rechte Social-Media-Welt wird bedient von regressiven Fake-News-Produzenten, die mit kruden Verschwörungstheorien strategisch weiter die Feindbilder „Antifa“, „Lügenpresse“ und „Flüchtlinge“ aufbauen.