Peter Kurth – ehemals Finanzsenator und damals noch CDU-Politiker – finanzierte 2019 maßgeblich eine Immobilie der neofaschistischen «Identitären Bewegung» (IB) in Österreich: das Objekt «Castell Aurora» in Steyregg bei Linz, das 2021 eröffnet wurde und das der extremen Rechten bis heute als Wohnort und Treffpunkt dient.
Exif-Recherche liegen Dokumente vor, die belegen, dass Peter Kurth am 10. September 2019 exakt 120.000 Euro auf das Konto der «Okzident-Media UG» bei der Deutschen Bank überwiesen hat. «Okzident-Media» ist eine rechte Medienagentur mit Sitz in Rostock. Das Unternehmen wurde u.a. von IB-Kader Daniel Fiß gegründet. Fiß ist der ehemaliger Bundesleiter der IB in Deutschland und früheres NPD-Mitglied. Als Verwendungszweck für die 120.000 Euro gab Kurth „Schanze Eins UG & Co KG“ an. «Schanze Eins» ist ein Finanzdienstleister, der ebenfalls von IB-Kadern in Rostock gegründet wurde. Das Prinzip: finanzstarke UnterstützerInnen, die anonym bleiben wollen, überweisen ihr Geld an einen Verein, dieser überweist das Geld weiter an «Schanze Eins», die mit dem Geld Immobilien für die extreme Rechte erwirbt. Die Immobilie soll aus erwirtschafteten Mieteinnahmen auf gleichen Weg zurück die Darlehensraten an den anonymen Investor tilgen. Die vorliegenden Kontoauszüge zeigen, nur einen Tag später – am 11. September 2019 – überwies «Okzident-Media» 194.948,28 Euro an Steve Henschke mit der Angabe „Darlehen Linz“. Henschke ist Projektverantwortlicher bei «Schanze Eins» für die Immobilie in Linz. Laut Kaufvertrag wurde das Objekt in der Weissenwolffstraße 8 in Steyregg am 5. September 2019 an Steve Henschke übertragen. 2021 eröffnete das «Castell Aurora» seine Räume und dient seitdem der extremen Rechten aus ganz Europa als Ort der Vernetzung und des Austauschs, wie u.a. das Portal «Stoppt die Rechten» berichtet. Erst gestern Abend, am 24. Januar, war Götz Kubitschek, Mitbegründer der extrem rechten Denkfabrik «Institut für Staatspolitik» aus Schnellroda in Sachsen-Anhalt, als Redner zu Gast im «Castell Aurora». Mitte Januar 2024 meldete der SPIEGEL unter Berufung auf Informationen aus Sicherheitskreisen, dass Kurth auch in das vor kurzem eröffnete Hausprojekt der «Identitären Bewegung» in Chemnitz investiert haben soll.
Austausch im eigenen Wohnzimmer und im „Gothia-Haus“ in Berlin
Doch Peter Kurth investierte nicht nur viel Geld in die extreme Rechte und ihre Treffpunkte, sondern sucht offensiv den Austausch. Etwa im Juli 2023, als er zu einer Zusammenkunft in seine Wohnung in Berlin einlud, wie durch SPIEGEL-Recherchen bekannt wurde. Neben teils führenden Figuren der AfD war auch dort Götz Kubitschek zu Gast. Martin Sellner soll aus seinem neuen Buch zum Konzept der „Remigration“ referiert haben – eine Verharmlosung der systematischen, rassistisch motivierten Deportation von Menschen. An dem Treffen in Kurths Wohnung waren zudem Benedikt Kaiser und Philip Stein beteiligt. Kaiser ist Autor mehrerer faschistischer Bücher und seit 2023 Mitarbeiter der AfD im Bundestag. Vor rund 10 Jahren gehörte er noch der gewalttätigen Neonazi-Gruppierung «Nationale Sozialisten Chemnitz» an, die 2014 verboten wurde. Philip Stein wiederum ist Burschenschafter der «Marburger Burschenschaft Germania», Verleger des extrem rechten «Jungeuropa»-Verlags und insbesondere eine zentrale Figur des Vereins «Ein Prozent». Der Verein ist Sammelbecken und einflussreicher Multiplikator der extremen Rechten. Als Plattform unterstützt «Ein Prozent» rechte Medienprojekte, neonazistische Propaganda-Aktionen und ist eine der wichtigsten Vorfeld-Organisationen der AfD. Seit Gründung verfolgt auch der Verein das Ziel, völkisch-nationalistische Konzepte wie „Remigration“ popkulturell zu vermarkten.
Die Zusammensetzung des Treffens in Kurths Wohnung in Berlin-Mitte war weder Zufall noch Ausrutscher. Es ist Produkt eines jahrzehntelang gewachsenen Netzwerks. Denn wie viele aus dem Kreis der „Neuen Rechten“ um die «Identitäre Bewegung» und Co. ist Peter Kurth Mitglied einer rechten Burschenschaft, nämlich der «Berliner Burschenschaft Gothia». Dort ist er Vorsitzender der «Vereinigung Alter Gothen e.V.», dem Verein für die „Alten Herren“ des extrem rechten Lebensbundes. Und wie im «Castell Aurora» in Österreich oder in der eigenen Wohnung in Berlin, fand sich auch im sogenannten „Gothia-Haus“, dem Sitz dieser Burschenschaft, der neofaschistische Vordenker Götz Kubitschek als Referent ein – während an anderen Abenden weitere Persönlichkeiten der extremen Rechten referierten, etwa der Holocaustleugner Horst Mahler.