Die Nähe zur extremen Rechten ist Doris von Sayn-Wittgenstein zum Verhängnis geworden. Am 4. Dezember 2018 hatte die AfD-Fraktion im Kieler Landtag die Vorsitzende der AfD Schleswig-Holstein ausgeschlossen. Grund dafür waren ihre Verbindungen zum Thüringer Verein «Gedächtnisstätte e.V.». Am heutigen Tag entschied nun der AfD-Bundesvorstand in einem Parteiausschlussverfahren, Doris von Sayn-Wittgenstein „vor dem Hintergrund mutmaßlich strafrechtlich relevanter Vorgänge“ bis zur Entscheidung des zuständigen Schiedsgerichts von der Ausübung aller Parteiämter auszuschließen.
Ungeachtet der gegenwärtigen Vorwürfe belegen neue Erkenntnisse die enge Verwobenheit der AfD-Landesvorsitzenden mit der extremen Rechten. Bereits seit mehreren Jahren administriert sie einen E-Mail-Verteiler, über den sie ungefiltert Propaganda der extremen Rechten weiterleitet. In einer E-Mail vom 15. März 2016 erläutert sie ihr Vorhaben:
Liebe Mitstreiter! Einigkeit macht stark und mit falschen Nachrichten kann man eine Demokratie gut manipulieren. Aus vertrauenswürdiger Quelle habe ich Ihre E-Post-Anschriften erhalten. Ich verteile täglich mehrere Meldungen, die ich von nah und fern erhalte, weil unsere Qualitätspresse uns bestimmte Informationen vorenthalten möchte. Ich gebe diese Informationen – im allgemeinen anonymisiert – weiter und bin ebenfalls an Nachrichten, die Sie mir schicken, interessiert. Diese leite ich ebenfalls in meinem Verteiler weiter. Im allgemeinen überprüfe ich die Richtigkeit der Aussendungen nicht; dazu habe ich aus beruflichen Gründen keine Zeit. Ggf. müßten Sie weiter recherchieren. Sollten Sie kein Interesse an diesen Nachrichten haben bzw. falls sie Ihnen zuviel werden, lassen Sie es mich wiessen; ich werde Sie dann aus meinem Verteiler herausnehmen.
In dem Sinne mit freundlichem Gruß – besonders in die Schweiz und die Ostmark – Doris v. Sayn-Wittgenstein
Zahlreiche E-Mails, die sie von bekannten Neonazis wie Meinolf Schönborn, Sonnhild Sawallisch oder Frank Rennicke erhält, leitet sie über ihre Verteilerliste weiter. So landen Inhalte wie eine „Anti-Antifa Liste“ oder Einladungen zu Gedenkveranstaltungen für die Waffen-SS auf besagtem Verteiler. Am 14. Mai 2016 verbreitete sie Solidaritätsbekundungen für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck, die mit dem Satz „Der Holocaust ist die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte“ enden, an zahlreiche Interessierte aus ihrem Umfeld. Im Februar 2017 verschickte sie eine Einladung zu einem Frühjahrsseminar der extrem rechten Organisation «Junge Landsmannschaft Ostdeutschland». Auch die „patriotischen Stammtische“, die von Jürgen Schützinger (NPD) organisiert werden, bewirbt sie. Neben den Inhalten und der in neonazistischen Kreisen gebräuchlichen Wortwahl wie beispielsweise „E-Post“ lassen auch die Absender der E-Mails auf ein tiefbraunes Netzwerk um Sayn-Wittgenstein schließen.
Mit dem Betreff „An meine Schützenkollegen“ verschickte sie etwa am 19. August 2016 über den Verteiler einen Link zum Online-Waffenshop „Migrantenschreck“. Dessen Betreiber Mario Rönsch steht aktuell wegen illegaler Waffenverkäufe in Berlin vor Gericht. Von Sayn-Wittgenstein, die offensichtlich auf der Suche nach einer funktionstüchtigen Schusswaffe war, fragte über den Verteiler wörtlich: „Was ist davon zu halten? Durchschlagskraft einer Wasserpistole?: http://www.migrantenschreck.ru/“
Ein von Doris von Sayn-Wittgenstein über ihren Verteiler verschicktes Bild zeigt sie am 7. Mai 2016 in Bretzenheim. Dort fand an jenem Tag eine geschichtsrevisionistische Veranstaltung des Neonazis Wilhelm Herbi statt, die von Sayn-Wittgenstein am 1. Mai 2016 beworben hatte:
Bitte verbreiten und mobilisieren – und vor allem bitte selber kommen am 7. Mai nach Bretzenheim!
AUFRUF ZUR TEILNAHME am Gedenken für die bestialisch geschundenen, gequälten, ermordeten deutschen Opfer der alliierten Weltverbrecher des bei immer noch gegen Deutschland aufrechterhaltenden Feindstaatenklauseln bis heute nicht friedensvertraglich beendeten Zweiten Weltkriegs.
Es rufen Euch: die Toten und Gemarterten der Rheinwiesenlager, des Bombenholocaust, des beispiellosen Holocaust des größten und grausamsten Vertreibungsvölkermordes der Weltgeschichte, bis heute ungesühnt – und bis heute sind dem Deutschen Volk große Teile des Deutschen Reiches entrissen und besetzt.
Bitte kommt zahlreich und zeigt den Opfern wie den Tätern, daß sie nicht vergessen sind, daß nichts vergessen ist!
Gerhard IttnerMaiandacht zur Befreiung von der Befreiungslüge
Am 7. Mai 2016 ab 18:00 Uhr an der B48 am Rheinwiesenlager-Mahnmal in 55559 Bretzenheim, vor den Latrinengräbern der Deutschen, neben einem von der Stadt gepflegten, 200 Jahre alten jüdischen Friedhof. Damit auch die “befreiten” und zu Tode gequälten Deutschen nicht vergessen werden, ein etwas anderes Gedenken gegen den regierungsamtlichen Kotau und die Lügen der Zeit.
“Völkermord” […]
Kommen Sie bitte in bürgerlicher Freizeitkleidung. Bitte keine Partei-Fahnen, keine Abzeichen. Kerzen, Fackeln, Transparente können gerne mitgebracht werden. Gebete, Ansprachen, die gehalten werden möchten, bitte vorher kurz dem Versammlungsleiter schildern. Hinterher weiter mit Schwermetall von Daniel Strunk.Falls Sie nicht durchgelassen werden, bitte melden unter 0151-22810244 oder 0171-7714138
Der Veranstalter und Versammlungsleiter Wilhelm Herbi
Doris von Sayn-Wittgenstein nutzt ihre Stellung und Reichweite als AfD-Landesvorsitze systematisch, um neonazistische Inhalte zu verbreiten und zu Veranstaltungen der extrem Rechten einzuladen. Der „Sayn-Wittgenstein-Verteiler“ ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Funktionärsebene der AfD durchsetzt ist mit Neonazis und Einzelpersonen mit völkischer bis extrem-nationalistischer Einstellung.